An der 13. Plattformveranstaltung der Roadmap Elektromobilität hat Bundesrat Albert Rösti den Startschuss für die dritte Etappe gegeben. Die Roadmap wird bis 2030 verlängert und auf den Strassengüterverkehr und die Busse des öffentlichen Verkehrs ausgeweitet. Vor rund 150 Teilnehmenden ordneten die Direktoren und Direktorinnen der zuständigen UVEK-Ämter, Roadmap-Mitglieder und Vertreter der betroffenen Branchen und Verbänden unter Leitung der Moderatoren Marianne Zünd (BFE) und Thomas Rohrbach (ASTRA) die neue Perspektive ein. Als Gastgeber des Anlasses zeigte CEO Roberto Cirillo auf, wie die schweizerische Post ihr Ziel einer zu 100% elektrisch betriebenen Flotte bis 2030 erreichen will.
Mehrfach wurde betont, dass die Elektrifizierung den Schlüssel zur Dekarbonisierung des Strassenverkehrs darstellt. Daran ändere auch die aktuell verhaltene Nachfrage nach batteriebetriebenen Personenwagen nichts. Jedoch müsse die Ladeinfrastruktur weiter ausgebaut werden, insbesondere in Mehrparteiengebäuden sowie für Lastwagen und die Busse im öffentlichen Verkehr. Ausserdem müsse sichergestellt sein, dass genügend Strom und die für die Übertragung notwendigen Netze vorhanden sind. Hierfür müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Die neue Etappe der Roadmap wird eine zentrale Rolle darin spielen, alle Akteure hinter gemeinsamen Zielen zu versammeln und zu helfen, Synergieeffekte zu nutzen.
«Heute ist ein wichtiger Tag» begann Bundesrat Albert Rösti seine Rede vor den rund 150 Teilnehmenden am Hauptsitz der Post im Berner Wankdorf. Den Verkehr bis 2050 vollständig zu dekarbonisieren sei notwendig und eine beträchtliche Herausforderung. Mit Blick zurück auf die Anfänge der Roadmap stufte er die bisherige Zwischenbilanz als beachtlich ein. Die Delle bei den Neuzulassungen von Steckerfahrzeugen gelte es zu überwinden, dabei sei der Preis für den Massenmarkt ein Hauptfaktor. Ausserdem müsse man nun alles daransetzen, dass in Neubauten und in Mehrparteiengebäuden die Lademöglichkeiten ausgebaut würden. Und nicht zuletzt müsse glaubhaft gemacht werden, dass genügend Strom vorhanden sei. Dafür brauche es rasch einen Fortschritt beim Ausbau der erneuerbaren Energien.
Der UVEK-Vorsteher kündigte vor diesem Hintergrund an, die Roadmap Elektromobilität bis 2030 zu verlängern und auf den Strassengüterverkehr und die Busse im öffentlichen Verkehr zu erweitern. Die Elektromobilität müsse systemisch gedacht werden. Automobilhersteller, Ladestationsbetreiber, Energieversorger, Verkehrsunternehmen und die öffentliche Hand müssten gemeinsam an Lösungen für eine erfolgreiche Gestaltung der Elektromobilität arbeiten. Dies gelte insbesondere für den Ausbau der Ladestationen, der erneuerbaren Energien und der Verteilnetze. Mit Blick auf die regulatorischen Veränderungen sieht Albert Rösti die grösste Herausforderung darin, die Elektrifizierung nicht zu bremsen. Es gelte, Lösungen für die LSVA-Abgabe und die Mineralölsteuer zu finden. Bei der Veranstaltung seien die richtigen Partner an Bord, die einen gelungenen Auftakt für die nächste Etappe versprechen, so Albert Rösti, «Der Bundesrat steht hinter Ihnen. An der vollständigen Dekarbonisierung des Verkehrs führt kein Weg vorbei – ich stehe voll und ganz hinter der Elektrifizierung.»
Roberto Cirillo, CEO Die Schweizerische Post, stellte als Gastgeber der Veranstaltung das Engagement des Konzerns vor. In seiner Begrüssungsrede bestätigte er die Bedeutung der Nachhaltigkeit als strategisches Ziel der Post, die bis 2030 seine gesamte Flotte elektrisch betreiben will. Diese Umstellung sei eine Herausforderung. Er erinnerte aber auch daran, dass es in der langen Geschichte der Post immer wieder Veränderungen zu bewältigen gab, angefangen von den durch Pferde gezogenen Postkutschen bis zum selbstfahrenden Postauto. Die Elektromobilität sei ein weiterer Schritt in der Fortführung dieser Tradition und Teil der heutigen Kernstrategie der Post. Mit 7’000 Fahrzeugen ist die E-Flotte der Post die Grösste in der Schweiz. Neben der Elektromobilität im Post-Auto-Bereich sind auch On-Demand-Mobilität oder das autonome Fahren wichtige Themen der Post. Roberto Cirillo hob hervor, dass die E-Mobilität eine Systemherausforderung sei, die nur gemeinsam erfolgreich gestaltet werden kann, und gleichzeitig auch eine grosse Chance für die Volkswirtschaft darstelle.
Sechs Roadmap-Mitglieder gaben Einblicke in die Mobilitätswende im Sektor des Strassengüterverkehrs und des öffentlichen Verkehrs. Als erstes stellte Christian Plüss, CEO von PostAuto, die ehrgeizigen Pläne vor, das Unternehmen bis 2040 komplett klimaneutral zu machen. Die Post betreibt mit rund 20'000 Fahrzeugen die grösste Fahrzeugflotte der Schweiz. Rund ein Viertel fährt heute schon elektrisch, neue Fahrzeuge werden ausschliesslich mit elektrischem Antrieb beschafft. Damit soll die Flotte bis 2030 komplett elektrisch fahren. Zudem gab er ein Joint Venture mit der Fenaco bekannt, in dessen Rahmen beide Unternehmen je 150 Standorte vorwiegend im ländlichen Raum errichten werden.
Thomas Rücker, Direktor von auto-schweiz, sieht die Entwicklung der Elektromobilität in der Schweiz auf dem richtigen Weg. Erstmals wurden die CO2-Emissionsgrenzwerte 2023 sowohl für PKW wie auch für LKW erreicht. Die Mobilitätswende sei aber ein Marathon und es läge noch ein weiter Weg vor uns. Dabei seien alle Akteure gefordert. Es müsse genügend Ladeinfrastruktur bereitstehen, die zudem einfach und günstig zu nutzen sei. Die Importeure und Händler müssten vermehrt als Systemanbieter auftreten, um die Elektromobilität für den Kunden attraktiv zu gestalten.
Die IG Detailhandel Schweiz, eine Interessengemeinschaft von Coop, Denner und MIGROS, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Multi-Tech-Strategien in der Güterverkehrs-Mobilität. Rainer Deutschmann erklärte, dass sich die drei Firmen entschieden haben, dass eine Arbeitshypothese «Hauptstossrichtung Elektro-Batterie» vertieft geprüft werden soll – dies aufgrund der Wirkungsgrad-Logik. Die IG Detailhandel Schweiz macht das Mitwirkungsangebot, sich in einem Projekt «Ladestrategie / Ladeinfrastruktur» zu engagieren. Um die Herausforderungen bei der Ladeinfrastruktur und der Stromverfügbarkeit anzugehen, lädt sie die Branchenvertretenden aus der Roadmap ein, an diesem Projekt mitzuwirken.
Pascal Dreier zeigte anhand der Praxiserfahrungen der Dreier AG auf, dass ein Nadelöhr der Elektromobilität im Schwerverkehr besteht: Die E-LKWs seien bereits am Markt, aber nun müsse die Peripherie aufgebaut werden, also die Ladeinfrastruktur, die Netzanschlüsse und die Stromverteilung. Dafür seien hohe Investitionen erforderlich, die wiederum eine entsprechende Planungssicherheit und stabile Rahmenbedingungen voraussetzen. Hier sei die Politik gefordert.
Für PKW habe die Schweiz laut Domenic Lanz von GOFAST bereits heute ein dichtes Netz von Schnelllademöglichkeiten und stehe auch im internationalen Vergleich gut da. Nun müsse für LKW’s nachgezogen werden und rasch eine zweckmässige Infrastruktur aufgebaut werden. Zudem müssen standortabhängige Unterschiede bei den Stromtarifen und den Netzanschlusskosten überwunden werden.
Einen Einblick in die Planungen eines öV-Betreibers gab Delphine Morlier von den Transports publics de la région lausannoise sa (tl). Bis 2030 werden in Lausanne alle Stadtfahrzeuge mit elektrischer Energie fahren. Der Plan der tl zur Dekarbonisierung beabsichtigt, die Infrastruktur aufzuwerten und noch intensiver zu nutzen – mit einer Gesamtflotte von circa 150 Trolleybussen ab 2028 (das sind 51 Trolleybusse mehr als heute). Dekarbonisierung bedeute allerdings nicht nur den Umstieg auf elektrische Antriebe, sondern vor allem, dass es gelingt, den Verkehr vom privaten PKW auf effizientere Verkehrsmittel zu verlagern.
Moderiert von Marianne Zünd vom BFE und Thomas Rohrbach vom ASTRA nahmen die Direktorinnen und Direktoren der in der Elektromobilität engagierten Bundesämter zur Verlängerung und Erweiterung der Roadmap Stellung.
Laut Jürg Röthlisberger, Direktor des Bundesamts für Strassen ASTRA, müssen sich alle Akteure aus dem Dreieck Kunde – Infrastruktur – Industrie gegenseitig antreiben, ähnlich wie in einem Peloton beim Radrennen. Das ASTRA macht mit einem Pilotversuch im Schwerverkehrszentrum St. Maurice einen Anfang. Damit will es herausfinden, was der Aufbau einer Ladeinfrastruktur für LKW kostet und welche Anpassungen auf den verschieden Netzebenen notwendig sind.
Benoît Revaz, Direktor des Bundesamts für Energie BFE betonte, dass für die erfolgreiche Elektrifizierung des Strassenverkehrs die Strom-Produktionskapazität und die internationale Vernetzung erhöht respektive ausgeweitet werden müssten. Er rief die Privatwirtschaft dazu auf, zur intelligenten Entwicklung der Ladeinfrastruktur beizutragen und den Ladevorgang in das Stromsystem zu integrieren.
Mit Blick auf den öffentlichen Verkehr erwähnte Christa Hostettler, dass 47 Millionen Franken für die Elektrifizierung der Busse zur Verfügung stünden. Diese Mittel sollen gemäss der neuen Direktorin des Bundesamts für Verkehr BAV optimal eingesetzt werden. Dafür sei der Austausch zwischen Verkehrsverbänden wichtig, um voneinander zu lernen und einen Doppelausbau von Infrastrukturen zu vermeiden. Darüber hinaus müsse die Branche als wichtigen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen Konzepte zur Gewinnung von Kundinnen und Kunden und damit zur besseren Auslastung der Transportgefässe entwickeln.
Katrin Schneeberger, Direktorin des BAFU, brachte mit Blick auf die Batterie als Kernelement der Elektrifizierung einen weiteren Aspekt ein. Es sei wichtig, dass wir nicht andere Teile dieser Welt belasten und dass Mensch und Umwelt auch dort geschont werden, wo die Rohstoffe abgebaut werden. Die Kreislaufwirtschaft sei in diesem Zusammenhang ein strategisches Handlungsfeld. Dabei ginge es darum, die einzelnen Bestandteile im Kreislauf zu halten und sorgfältig mit den Rohstoffen umzugehen.
Ein Blick nach Deutschland und in die EU zeigt, dass es im umliegenden Ausland bei der Elektrifizierung des Schwertransports ähnliche Hürden zu meistern gibt wie in der Schweiz. Felix Steck von der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur berichtete von den Aktivitäten für den Aufbau einer LKW-Infrastruktur in Deutschland. Diese soll vor allem entlang der Autobahnen und den Fernverkehrsstrassen entstehen. Als wichtigste Herausforderungen für den raschen Ausbau sieht er die Preise für das Laden, die Bereitstellung der Flächen sowie die Bereitstellung des Netzanschlusses. Mit Ausbauprognosen und einem Realisierungsfahrplan soll den Beteiligten die Planung der Ladestationen und deren Versorgung erleichtert werden.
In der EU wird der Ausbau der Elektromobilität durch Vorgaben für den Ausbau der Ladeinfrastruktur und durch die Emissionsvorschriften für PKW und LKW getrieben. Daniel Speth vom Fraunhofer ISI stellte vor diesem Hintergrund eine Prognose für ein gesamteuropäisches Ladenetzwerk vor. Darin liegen die Standorte für die Schweiz vor allem auf der Gotthardachse. Er zeigte ferner auf, dass hohe Ladeleistungen (“Megawattladen”) nur auf Langstrecken benötigt werden. Ein Grossteil der Ladevorgänge findet im Depot statt, wo die üblichen Anschlussleistungen ausreichten.
Im zweiten Podium des Vormittags befragten Thomas Rohrbach und Marianne Zünd Verbandsvertreter zu ihrer Einschätzung der Elektrifizierung des Schwertransports und des öffentlichen Verkehrs.
André Kirchhofer, Vizedirektor ASTAG wies auf die Klimaresolution des Nutzfahrzeugverbands hin, welche die Erreichung von Netto Null bis 2050 anstrebt. Er bestätigte das Interesse der Branche an einer Mitarbeit im Rahmen der Roadmap, wünschte sich aber gleichzeitig eine bessere Koordination unter den Bundesämtern und Planungssicherheit, beispielsweise bezüglich der LSVA.
Für seine Branche verspricht sich Bernhard Adamek, Vizedirektor des Verbands öffentlicher Verkehr VöV, Synergien zwischen dem öV, dem Schwerverkehr und den Elektrizitätsversorgern bei der Elektrifizierung der Busse insbesondere im ländlichen Raum. Der öV als klassische Netzwerkindustrie sei prädestiniert dafür, hierbei eine koordinierende Rolle wahrzunehmen.
Beim Ausbau der Elektromobilität sei das Gesamtsystem zu betrachten, gab VSE-Direktor Michael Frank zu bedenken, da die Erzeugung, die Verteilung und der Bezug des Stroms zusammenhängen. Der zeitgerechte Ausbau des Ladenetzes sei angesichts der Vielzahl von Elektrizitätsversorgern, des unterschiedlichen Zustands ihrer Verteilnetze und der vielfältigen Tarifstrukturen eine Herausforderung. Zudem müssten die Verfahren beim Netzausbau vereinfacht werden.
Für Krispin Romang, Geschäftsführer von Swiss eMobility, ist klar, dass die Elektrifizierung des Strassenverkehrs kommt, auch bei LKW und im öV. Für diese könne die Roadmap ein hilfreiches Instrument sein. Bei den PKW sieht er die Herausforderung vorwiegend beim Laden für Mieterinnen und Mieter und bei der Usability beim Laden – es brauche eine gewisse Angewöhnungszeit, um vom Tanken auf das Laden umzustellen.
Zum Schluss der Veranstaltung erhielten die Teilnehmenden aktuelle Informationen zur laufenden Etappe der Roadmap bis Ende 2025. Christoph Schreyer vom BFE ordnete die aktuelle Stagnation bei den Neuzulassungen von PKW mit Stecker ein. Angesichts der Tatsache, dass sogar im Vorreiterland Norwegen 2017 eine leichte Delle beobachtet wurde, geht er von einem vorübergehenden Effekt aus. Getrieben von den verschärften Emissionszielwerten und sinkenden Rohstoffpreisen würde sich das Angebot verbreitern und die Fahrzeuge günstiger. Interessanterweise zeigt sich bei den E-Lastwagen ein stabiles Wachstum. Hier ist die Schweiz mit einem Anteil von 5.5% Stecker-LKW bei den Neuzulassungen europaweit auf dem zweiten Platz.
Beim Ausbau der Schnellladestationen habe die Schweiz einen erheblichen Fortschritt gemacht, betonte Christine Prêtre vom ASTRA. Derzeit seien über 14'200 öffentlich zugängliche Ladestationen in Betrieb. Entlang der Autobahnen werden bis 2030 alle 100 Rastplätze mit Schnellladestationen ausgerüstet sein, und bereits per Ende 2024 wird im Schnitt alle 29.5 km eine Lademöglichkeit zur Verfügung stehen. Damit übertrifft die Schweiz bereits jetzt die verbindlichen Mindestanforderungen der EU.
Alois Freidhof, Programmleiter der Roadmap Elektromobilität beim BFE, bedankte sich bei den Mitgliedern für ihr Engagement und ihren Beitrag zur erfolgreichen Gestaltung der Mobilitätswende. Der freiwillige, partizipative Ansatz soll auch in der nächsten Etappe der Roadmap bis 2030 verfolgt werden, nun allerdings unter Einbezug von LKWs und Bussen im öV. Er lud bestehende Mitglieder ebenso wie Interessenten ein, sich mittels Online-Umfrage zur Gestaltung der nächsten Phase der Roadmap zu äussern.
Roadmap Elektromobilität ab 2026: Bekenntnisse und Erwartungen:
Christian Plüss, CEO, PostAuto (Folien 3 – 7)
Thomas Rücker, Direktor, auto-schweiz (Folien 9 – 13)
Pascal Dreier, Dreier AG (Folien 15 – 18)
Rainer Deutschmann, IG Detailhandel Schweiz (Folien 20 – 24)
Domenic Lanz, Geschäftsführer, GOFAST AG (Folien 26 – 30)
Delphine Morlier, Directrice Route, Transports publics de la région lausannoise sa (Folien 32 – 35)
Ladeinfrastruktur für den Schwerverkehr: Der Blick nach Deutschland und in die EU:
Felix Steck, Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur (Folien 38 – 47)
Daniel Speth, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI (Folien 49 – 63)
Roadmap Elektromobilität 2025: Aktuelles, Ausblick und Schlusswort:
Christoph Schreyer, BFE (Folien 66 – 70)
Christine Prêtre, ASTRA (Folien 72 – 74)
Alois Freidhof, BFE (Folien 76 – 77)